Große Filmgeschichte – Die Cinecittà Filmstudios

Die spannende Geschichte der Cinecittà Studios in Rom

Südwestlich von Rom, versteckt zwischen den ruhigen Vororten und nur einen Steinwurf von der berühmten Via Appia entfernt, liegen die Cinecittà Studios: Die Traumfabrik Europas. Es handelt sich um das größte Film- und Kinostudio Kontinentaleuropas mit einer Fläche von 99 Hektar, und mit einer Produktionsgemeinschaft von 5.000 mehrsprachigen Spezialisten macht es seinem Namen, Cinecittà, der wörtlich übersetzt „Kinostadt“ bedeutet, alle Ehre.

Die Cinecittà-Studios wurden 1937 von Benito Mussolini gegründet, um Propagandafilme zur Förderung des Faschismus zu produzieren. In den Tresoren des Studios sollen mehr als 100.000 Nachrichtenrollen aus der Vorkriegszeit lagern, darunter Mussolinis Kriegserklärung an die Alliierten. Im Januar 1945, als die Deutschen kaum die Alpen überquert hatten, begann Roberto Rossellini mit den Arbeiten an seinem klassischen Kriegsfilm: Rom Città Aperta (Offene Stadt). Er wird seither als ein klassisches Werk des italienischen Neorealismus bezeichnet, in dem die Hollywood-Standards abgelehnt, nach Möglichkeit Laiendarsteller eingesetzt und authentische Schauplätze für Außenszenen verwendet werden. Dies wäre nicht nur leicht zu erreichen, sondern in den vom Krieg zerrütteten Straßen des Nachkriegs-Rom auch unmöglich zu vermeiden gewesen. Der im körnigen Wochenschau-Stil gedrehte Film gewann mehrere Preise, darunter den Großen Preis der Filmfestspiele von Cannes (1946) und den New York Film Critics Award für den besten ausländischen Film (1946). Dies lenkte nicht nur die Aufmerksamkeit auf die italienische Filmindustrie, sondern auch auf die Cinecittà-Studios als mögliche Alternative für Hollywood-Produzenten, die ihre Produktionskosten senken wollten.

Ende der 1950er Jahre hatte sich Cinecittà mit einer Reihe von Erfolgsfilmen, darunter Helena von Troja (1959), auf beiden Seiten des Atlantiks einen guten Ruf erworben. 1957 meldete sich Hollywood erneut zu Wort. Diesmal war es Regisseur William Wyler, der in Begleitung von „Tausenden von Schauspielern“ und Charlton Heston den MGM-Klassiker Ben-Hur drehen wollte. Dies war kein gewöhnlicher Film: Es wurden mehr als 300 Kulissen, 10.000 Statisten und mehr als 100.000 Kostüme verwendet. Das Budget belief sich auf über 15 Millionen Dollar, und für die vielen Galeonenszenen wurde sogar ein eigener künstlicher See direkt auf dem Gelände des Cinecittà gebaut. Aber die Szene, an die man sich am liebsten erinnert, ist das berühmte Wagenrennen zwischen Ben-Hur und Messala. Der Bau des Sets kostete 1 Million Dollar, und allein für diese eine Szene wurden mehr als 1500 Statisten benötigt. Als das Set gebaut wurde, umfasste es mehr als 18 Hektar und war damit das größte einzelne Set, das je für einen Film gebaut wurde. Bei seinem Erscheinen im November 1959 war der Film ein Riesenerfolg und spielte an den Kinokassen mehr als 90 Millionen Dollar ein und bewahrte MGM vor dem finanziellen Ruin. Bis heute ist Ben-Hur ein Triumph der Kinematographie und das Juwel in der Krone der Cinecittà Studios.

1963 folgte eine weitere epische Hollywood-Produktion; diesmal war der Film an der Reihe, der 20th Century Fox fast in den Bankrott trieb: Cleopatra. Denn trotz aufwändig gestalteter Kulissen und eines ständig steigenden Budgets ist Cleopatra vor allem wegen der außerfilmischen Romanze zwischen Richard Burton und Elizabeth Taylor in Erinnerung geblieben. Die außereheliche Affäre der beiden Stars sorgte in der Öffentlichkeit für Empörung.

R. Burton & E. Taylor aus Cleopatra
R. Burton & E. Taylor aus Kleopatra

In jüngerer Zeit brachte Martin Scorsese 2001 seinen Film „Gangs of New York“ nach Rom und 2005 folgte die HBO-BBC-Gemeinschaftsproduktion „Rome“. Trotz des Ansturms von Regisseuren von jenseits des Atlantiks und aus Großbritannien wurde das italienische Brotkino nicht vergessen. Der legendäre, in Rimini geborene Filmregisseur Federico Fellini erhielt Anfang 1940, als er noch keine zwanzig Jahre alt war, seinen ersten Drehbuchauftrag für Mario Mattolis Komödie Il Pirata Sono Io (Der Traum des Piraten). Sein meistverehrtes Werk La Dolce Vita gilt als Brücke zwischen Neorealismus und Modern Art-Filmen: klassisches italienisches Kino trifft Andy Warhol unter dem Trevi-Brunnen.

Der Film brach an den Kinokassen Rekorde, wurde aber vom Vatikan wegen seiner Sex- und Drogenszenen sowie wegen seines „fragwürdigen moralischen Ansehens“ verurteilt. Trotzdem spielte er mehr als 19 Millionen Dollar an den Kinokassen ein und wurde zu Fellinis finanziell erfolgreichstem Film.

Federico Fellini setzte seine Liebesbeziehung zu Cinecittà für den Rest seines Lebens fort und nannte sie berühmt „meine Ideenwelt, den kosmischen Raum vor dem Urknall“. Und in der Tat lässt sich die reiche und schöne Geschichte des Ortes nicht leugnen: Audrey Hepburn verbrachte hier ihre Flitterwochen, Ursula Andress‘ Karriere begann hier, und die größte „Requisite“ der Filmgeschichte, das 40 Fuß lange Trojanische Pferd für Helena von Troja, wurde ebenfalls hier gebaut. Aber Geister allein können ein Geschäft nicht am Laufen halten. Denn hinter dem Zauber, den Träumen, den Mythen und Legenden geht es in Cinecittà ums Geschäft. Das bedeutet, dass die Studios den richtigen Weg finden müssen, um die charmanten Filmstudios von einst ins 21. Jahrhundert zu überführen und sich in einen Mehrzweckkomplex zu verwandeln, der die sich immer weiter verschärfende Finanzkrise Italiens „überstehen“ kann.

Die Bedrohung aus dem Osten, insbesondere durch die neu errichteten Korda-Studios am Rande von Budapest, bereitet Italien große Sorgen. Korda kann nicht nur „hochmoderne“ Einrichtungen anbieten, sondern mit dem Anreiz einiger großer Steuervergünstigungen auch die Produktion zu fast einem Drittel der Kosten. Dennoch kann sich Cinecittà darauf verlassen, dass es nach wie vor das „einzige Studio der Welt mit Vorproduktion, Produktion und vollständiger Postproduktion auf einem Grundstück“ ist. Das bedeutet buchstäblich, dass man mit einem Drehbuch hineingehen und mit einem fertigen Film herauskommen kann. Das mag für kleinere Filme mit lokalem Budget von Bedeutung sein, aber wird dies angesichts des digitalen Zeitalters und der ständig wachsenden Korda-Filmproduktion ausreichen, um die ganz Großen anzulocken? Ein Spaziergang durch die Cinecittà Studios ist heute ein fantastisches Erlebnis, denn man spürt noch immer den Zauber der großen alten Zeiten. Und wie bei allen großen Filmen könnte es noch eine Wendung in der Geschichte geben.

Corso Decaduto

Im November 2009 wurde bekannt gegeben, dass ein 800 Millionen Dollar teurer Themenpark Cinecittà World in Planung ist, der an den vergangenen Ruhm anknüpfen soll. Die Zukunft von Cinecittà ist jedoch noch ungewiss. Wenn es gelingt, sich neu zu erfinden, kann es vielleicht zu seinen goldenen Tagen der 1950er und 60er Jahre zurückfinden, aber was auch immer die Zukunft bringt, Cinecittà wird immer den Glanz seiner Vergangenheit haben. Und das werden wir auch.

Ein zauberhaftes Filmstudio entsteht

Gründervater von Cinecittà war Benito Mussolini. Binnen 15 Monaten entstand vor den Türen Roms eine riesige Filmanlage, die am 28. April 1937 durch den faschistischen Bauherrn Mussolini eröffnet wurde. Sofort begannen erste Dreharbeiten, bereits 6 Jahre später hatte sich das Filmstudio einen Namen gemacht und konnte 1943 bereits über 300 gedrehte Filme nachweisen, unter anderem von den Regisseuren Roberto Rossellini und Vittorio de Sica.

Dann erlitt Cinecittà Kriegswunden, wurde bombadiert und als Flüchtlingslager verwendet. Doch die italienischen und auch internationalen Filmemacher wussten um den Zauber von Cinecittà. „I’ve always felt that Cinecittà has a special magic…“, äußerte Martin Scorsese, als er seinen Film „Gangs of New York“ (2002) in Italien drehte und sprach damit wohl einigen Regisseuren aus der Seele.

Die Goldenen 50er

So war es auch nicht verwunderlich, dass neben den italienischen Regisseuren wie Alessandro Blasetti und Luchino Visconti auch die Amerikaner nach Italien kamen. Filme wie „Quo Vadis“ und „Ben Hur“ wurden gedreht und machten die 1950er zur Goldenen Zeit Cinecittàs. Audrey Hepburn und Gregory Peck, die im italienischen Filmstudio für „Ein Herz und eine Krone“ spielten, machten Cinecittà genauso berühmt wie der große italienische Regisseur Federico Fellini, der mit dem Film „La Dolce Vita“ seine Liebe zu dem Filmstudio in Rom erwachen liess und seitdem jeden Film hier drehte, sogar eine Wohnung in Cinecittà bezieht.

Eine alte Dame zieht sich zurück

Auch in den 60/70ern war das Filmstudio sehr belebt, Regisseure wie De Sica, Pasolini und Sergio Leone, Sergio Corbucci und Sergio Sollima drehen hier, italienische Western wie „Für eine Handvoll Dollar“ entstehen. Danach wurde es wieder still und das grosse Filmstudio ging seinem Bankrott entgegen.

Heute gehört die Cinecittà-Holding, nach staatlicher Privatisierung, dem italienischen Ministerium für Wirtschaft und Finanzen. Neben einigen grossen Filme wie Gibsons „Passion Christi“ und Scorseses „Gangs of New York“ bleibt es allerdings weiterhin ruhig um Cinecittà und das einstig große Filmstudio wird nur noch für kleinere Serien und Produktionen wie „BigBrother“ genutzt.

Auch Romy Schneider ward hier gesehen.

Und wenn Sie einen Ausflug nach Rom planen, hier entlang zum Parken in Rom.